Wir haben mit der Sea Shepherd Crew gesprochen

Wir haben mit Kapitän Peter Hammarstedt über Fondue, den Einsatz für die Gesellschaft und unmittelbares Handeln gesprochen.

Fondue und Ethik

Kapitän Peter Hammarstedt und sein Team haben uns im New Roots Betrieb besucht. Dies bot uns die Gelegenheit ihn unsere Produkte probieren zu lassen und – was noch wichtiger ist – mit ihm über den Paradigmenwechsel zu sprechen, den Sea Shepherd und New Roots zu bewirken versuchen.

Wann hat dein Engagement für Sea Shepherd begonnen? Was war der Auslöser?

Als ich vierzehn Jahre alt war, sah ich ein Foto von einem toten Wal, der in der Antarktis an Bord eines 8’000-Tonnen-Walfangschiffes gebracht wurde, zusammen mit zwei Menschen – in einem kleinen Boot daneben – die versuchten, einzugreifen, um den Transport zu verhindern. Ich wusste, dass ich einer dieser Menschen sein wollte und bewarb mich als Crewmitglied, sobald ich alt genug war, um auf einem Schiff von Sea Shepherd mitzufahren. 

Wann und weshalb bist du vegan geworden?

Ich wurde vor zwanzig Jahren Veganer, damals, als pflanzliche Milch wie Hafer-, Mandel- und Macadamia-Milch noch ein ferner Traum waren und ein Veganer wie ich Glück hatte, wenn er Sojamilchpulver im Supermarktregal fand. Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Dinge seither verändert haben! Ich bin Veganer geworden, weil ich glaube, dass alle Lebewesen ein angeborenes Interesse am Wohlergehen haben, was bedeutet, dass jedes Tier, wenn es in Lebensgefahr ist, bewusst das Leben dem Tod vorzieht. Es ist für mich unbegreiflich, dass ein Lebewesen unvorstellbare Qualen erleiden muss, damit ich eine 15-minütige Mahlzeit zu mir nehmen kann.

Kannst du mir von einem Einsatz erzählen, der dich besonders stolz gemacht hat?

Vor einigen Jahren haben wir die liberianische Küstenwache dabei unterstützt, ein illegales Fischereifahrzeug namens Labiko 2 aufzuhalten. Dieses Schiff tötete jährlich mehr als 500’000 Haie für die Herstellung von Haifischleberöl, das in Kosmetika verwendet werden sollte. Das war vor drei Jahren und das Schiff hat seitdem nicht mehr gefischt, was bedeutet, dass die liberianische Küstenwache mit Unterstützung von Sea Shepherd in einer einzigen Aktion das Leben von 1,5 Millionen Haien retten konnte, Tendenz steigend. Die effektivste Art, eine grosse Anzahl von Tieren zu retten, ist die Festnahme von illegalen Fischereifahrzeugen; jedes festgehaltene Schiff ist ein geschlossenes illegales Schlachthaus und jeder Tag, an dem es in Haft bleibt, entspricht Zehntausenden – wenn nicht Hunderttausenden – von geretteten Fischen.

Was glaubst du, warum es Menschen so schwer fällt, Mitgefühl für Meerestiere zu empfinden, im Gegensatz zu Landtieren?

Wenn wir vor Schmerz schreien, strömt die Luft aus unseren Lungen an unseren Stimmbändern vorbei und aus unserem Mund. Aber Fische atmen unter Wasser durch Kiemen und haben daher keine Stimmbänder. Sie haben die gleiche Fähigkeit, Leiden zu empfinden, aber ihre Schreie sind stumm. Eines der Dinge, die alle Säugetiere gemeinsam haben, sind Augenlider und Augenbrauen. Ein Grossteil unserer Wahrnehmung des Gefühlslebens anderer Lebewesen beruht auf der Mimik. Es ist seltsam, darüber nachzudenken, aber ich bin überzeugt, dass ein Grossteil unseres mangelnden Einfühlungsvermögens für Fische daher rührt, dass sie nicht blinzeln können. Sie starren uns an, scheinbar reaktionslos. Denk einmal an die Zeichentrickfiguren im Disney-Pixar-Film Findet Nemo… sie bewegen sich genauso wie ihre Gegenstücke im Meer – Nemos Vater ist sogar väterlich, ähnlich wie ein echter Clownfisch – aber die Zeichentrickfiguren haben von ihren Animatoren Augenlider bekommen. Andernfalls würde das Publikum keinen Bezug zu ihnen oder ihrem Gefühlsleben herstellen können. Und schliesslich wissen wir, dass die Sprache oft zur Rechtfertigung des Tötens verwendet wird. Deshalb kaufen Menschen, die Fleisch essen, auch Rindfleisch und nicht Kuh oder Schweinefleisch und nicht Schwein. Was das Fischen betrifft, hat die Fischereiindustrie die Sprache sehr effektiv eingesetzt. Sie spricht nicht von Fischpopulationen, sondern von Fischbeständen, als ob diese Lebewesen einfach aus dem Regal eines Lagerhauses entnommen würden; Fische werden nicht mit dem Netz gefangen, an den Haken genommen oder aufgespiesst, sondern „geerntet“; und in der Gesellschaft im Allgemeinen sprechen wir nicht über die Anzahl der jährlich getöteten Fische – es werden mehr als doppelt so viele Fische getötet wie alle anderen Tiere zusammen – sondern es wird immer von Fisch in Tonnage gesprochen. In nur einem einzigen Satz kann man sagen, dass 10’000 Tonnen Fischbestand geerntet wurden. Daher ist es keine Überraschung, dass es hier eine Diskrepanz gibt.

Es ist für mich unbegreiflich, dass ein Lebewesen unvorstellbare Qualen erleiden muss, damit ich eine 15-minütige Mahlzeit zu mir nehmen kann.
Peter Hammarstedt

Was essen die Leute auf den Schiffen?

Wir haben grossartige Küchencrews, die drei vegane Mahlzeiten am Tag servieren. Nicht alle Mitarbeiter von Sea Shepherd sind Veganer. Die meisten, die sich uns anschliessen, sind es wahrscheinlich nicht. Aber viele Freiwillige bleiben nach ihrer Zeit an Bord vegan, wenn sie entdecken, wie einfach, gesund und lecker es ist, sich pflanzlich zu ernähren. Wenn ein Besatzungsmitglied Geburtstag hat, darf es sich aussuchen, was es zum Abendessen möchte. In den letzten 19 Jahren habe ich mir immer einen Erdnuss-Satay-Rührbraten gewünscht. Mit Tofu, versteht sich.

Was ist dein Lieblingsprodukt von New Roots?

Das Fondue, natürlich! Es ist lecker, es ist gemeinschaftlich und es erinnert mich an meine Zeit in der Schweiz, ein Land, in dem Sea Shepherd viel Unterstützung bekommt. Ich habe noch nie ein nicht-veganes Fondue gegessen, was es noch spezieller macht. Meiner Meinung nach ist Fondue von Natur aus pflanzlich. Hoffentlich wird es das in Zukunft für alle Menschen sein. 

Bist du der Meinung, dass sich unsere beiden Ansätze ergänzen (wir wollen Traditionen/Kulturen verändern, und ihr führt hochwirksame Aktionen durch)?

Die Stärke einer jeden sozialen Bewegung liegt in der Vielfalt. Wir brauchen eine Vielzahl von Strategien, um die Welt zu einem mitfühlenderen Ort zu machen. Dazu gehören sowohl direkte Handlungen als auch Änderungen des Lebensstils. Ich habe grössten Respekt vor dem, was New Roots tut, um die Definition von Käse und Joghurt zu ändern und Nussprodukte zur Norm zu machen. Ich denke, das ist ein revolutionäres Konzept. Als Veganer sollten wir keine Alternativen zu bestehenden kulturellen Normen schaffen, sondern das bestehende Dogma sollte zur Alternative werden. Pflanzenbasierte Produkte sollten die neue Normalität sein. New Roots hat das verstanden, was nur sehr wenige Unternehmen tun. 

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